Aus dem Alltag einer Tierheilpraktikerin Teil 2

Kostet nix, tut nix, kann auch nix… die Therapeutin von heute!

Es gibt sie leider immer wieder: diese Momente, die mich an der Menschheit zweifeln lassen. Vorzugsweise dann, wenn ein Ein-Personen-Teil dieser Menschheit sich bei mir meldet und es in einem Desaster endet…

Folgendes Szenario spielt sich so oder ähnlich mit schöner Regelmäßigkeit in meinem Arbeitsalltag ab; man ersetze bitte wahlweise die Tierart, die Erkrankung, den “Therapiewunsch” und lasse auch schon mal einzelne Teile des Gespräches weg:

Mein Telefon klingelt, oder ich rufe jemanden zurück, der mir eine Nachricht hinterlassen hat.

“Guten Tag, bin ich da bei der Tierheilpraktikerin?”

“Ähm… ja, sind Sie, sofern Sie auch dahin wollten…”

“Ja, also, mein Hund hat einen komischen Knoten am Bein, der soll weg. Können Sie da kommen und Blutegel setzen? Mein Tierarzt hat schon alles gemacht und das war auch alles schon sehr teuer, jetzt habe ich gelesen, dass da die Blutegel helfen, wann können Sie denn?”

“Tja, das ist jetzt nicht so einfach zu sagen, was ist denn die Diagnose, woher kommt denn der Knoten?”

“Ja, das weiß ich doch nicht, dafür sind Sie ja da! Wann können Sie denn jetzt kommen?”

“Wissen Sie, es ist so, man kann nicht einfach so Blutegel an Ihren Hund setzen, ich weiß ja gar nicht, was er genau hat. Das muss ich mir dann erst einmal ansehen, den Hund untersuchen und dann entscheide ich als Therapeutin, ob und wie ich helfen kann.”

“Ne, also untersuchen müssen Sie da nichts mehr, das hat der Tierarzt ja alles schon gemacht. Ich will nur, dass sie die Blutegel mitbringen und damit den Knoten weg machen!”

“Ich glaube, Sie haben mich falsch verstanden, wenn ich feststelle, dass der Knoten durch etwas ausgelöst wurde, was man mit Blutegeln behandeln kann, dann ist das sicher eine Option. Aber ich muss ja erst einmal wissen, was genau Ihr Hund hat. Dafür muss auch ich Ihren Hund untersuchen. Was hat denn der Tierarzt für eine Diagnose gestellt, woher kommt der Knoten denn?”

“Keine Ahnung, ich verstehe diesen ganzen medizinischen Kram gar nicht. Sagen Sie mir jetzt einfach, wann Sie mit den Blutegeln kommen und was das kostet. Können Sie heute Nachmittag?”

“Leider nicht, ich habe diese Woche keine Termine mehr frei…”

“Wollen Sie meinen Hund jetzt behandeln oder nicht? Ich bin heute zu Hause.”

“Wie gesagt, ich habe diese Woche leider keine Termine mehr frei, ich kann Sie für nächste Woche aber sicher noch eintragen. Eine Erstuntersuchung dauert circa …”

“Wie, Untersuchung? Ich habe Ihnen doch gesagt, das brauchen Sie nicht mehr zu machen, Sie sollen nur die Blutegel machen!”

“Es tut mir leid, aber so arbeite ich nicht! Es gibt auch bei Blutegeln Kontraindikationen und ich behandele nicht ins Blaue hinein! Ich mache mit Ihnen einen Termin zur Patientenaufnahme, Sie zeigen mir dann alle Befunde vom Tierarzt und dann entscheide ich, ob und wie ich helfen kann.”

“Was heißt denn das? Dann kommen Sie mehrmals, oder was?”

“Jaaaaa, dann muss ich eventuell mehrmals kommen…”

“Das kostet dann aber nichts extra?”

“Ähm… doch, das kostet jedes Mal etwas, wenn ich komme!”

“Nein, also das will ich aber nicht, dass ist ja Geldmacherei! Ich glaube, das wird mir jetzt auch alles zuviel und zu kompliziert, Sie haben ja auch gar kein Medizinstudium und kennen sich wahrscheinlich gar nicht aus!!”

KLACK – TUT TUT TUT TUT

Öhm, ja. ICH werde angerufen, aber machen darf ich nichts, kosten darf ich nichts, sagen will man mir auch nichts und Ahnung hab ich ja eigentlich auch keine …

Na dann … 😉

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